Skriptum zum Vortrag: Tuberkulinum und das ADS-Syndrom
bei Kindern und Erwachsenen in Basel am 21.6.2011 - Johannes Latzel
Die Arznei Tuberkulinum
- wird hergestellt aus abgetöteten Kulturen von Tubercelbazillen
- ist eine der wichtigsten Arzneien in meiner Praxis
bewährt sich häufig
- für nervöse, unzufriedene Kinder, die sich andauernd erkälten und monatelang Husten haben
- bei Kindern mit Entwicklungsverzögerungen
- bei Patienten mit chronische Müdigkeit mit Neigung zum Schwitzen bei geringster körperlicher Anstrengung und mit Nachtschweissen
- bei Kindern, die in der Schule Kopfschmerzen bekommen und sich nicht konzentrieren können
- bei Kindern, die häufig Husten und immer wieder Mittelohrentzündungen haben
- bei älteren Kindern, die noch bettnässen
- bei Kindern und Erwachsenen, die nachts mit den Zähnen knirschen
- bei Kindern, deren Eltern früh geschieden werden und die nicht wissen, wohin sie gehören und in die Drogenszene geraten
- bei Patienten mit Allergien oder Neurodermitis
- bei Asthmapatienten
- bei Patienten mit Milchunverträglichkeit
Gedichte-Lieder- Filme zu Tuberkulinum:
„Das Gedicht „Weltenweiter Wanderer“ von Rilke - (Wanderschaft, Unruhe, Weltschmerz, nicht verstehen, dass man so anders ist, jede Erfahrung machen müssen)
Der Film „ Reise zum Horizont“ von Thomas Latzel ( Gleitschirmfliegen)
Der Film Knocking on heavens Door mit Til Schweiger
(Leben im Gefühl, dass es bald zu Ende geht)
Der Film „Kokowän“ von Til Schweiger ( die Schwierigkeit, Verantwortung zu übernehmen)
Der Film „Easy rider“ ( Freiheitssuche auf dem Motorrad)
Das Lied „ Born to be wild“von Steppenwolf (Aggressives Aussteigen)
Der Film „Zauberberg“ nach Thomas Mann (Romantik, Sehnsucht, Hyperfocusierung)
Das Lied „San Francisco“ von Scott Mckenzie: ( Die Romantik in Kalifornien)
Das Lied“Heute hier, morgen dort“von Hannes Wader ( immer unterwegs)
Das Lied „Paragliding“ von Ivan Hajek (Ekstatischer Aufschwung in luftige Höhen - Freiheitsbedürfnis)
Tuberkulinum hat sich oft bei Kindern und Erwachsenen mit ADS-Syndrom bewährt.
Das ADS-Syndrom
Was bedeutet ADS oder ADHS ?
ADS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom.. Oft, aber längst nicht immer, fällt dieses Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom auf durch hyperaktives Verhalten- dann nennt man es ADHS:
Aufmerksamheits-defizit-hyperaktivitäts-Syndrom., früher auch als hyperkinetisches Syndrom bezeichent. In der englischsprachigen Literatur heissen die Syndrome ADD - Attention deficit-disorder
oder ADHD :attention deficit hyperactiv disorder.
Ich spreche im Folgenden von ADS als Überbegriff über beide Formen der Erkrankung.
Häufige Konsequenzen einer Erkrankung an ADS:
Der an ADS Erkrankte kann sich in der Schule, im Studium oder bei der Arbeit nicht wie andere konzentrieren
( kann sich aber unter bestimmen Umständen auf bestimmte Dinge viel besser konzentrieren als andere)
Schlechte Noten, Sitzenbleiben schlechte Schulabschlüsse
Schlechte Berufsaussichten und deswegen Depression
Häufige Arbeitslosigkeit
Häufig Kinder vor dem 20. Lebensjahr
Häufige Beziehungsabbrüche und Scheidungen
Häufig Suchterkrankungen oder Kriminalität
Aggressives und provokantes Verhalten
Komorbiditäten: Lernstörungen, Schlafstörungen, Depressionen, Erschöpfungszustände, ständige Müdigkeit, bipolare Störungen Angst,Zwänge, , Tics, , RLS, Allergien, Unfälle
Geschichte des Begriffes ADS
Das medizinische Interesse an und das Wissen über ADS bzw. die Sichtweise, ADS als behandlungsbedürftige Erkrankung und nicht als „schlechte“ Charaktereigenschaft zu
sehen, ist erst Ende des letzten Jahrhunderts gewachsen.
Was heute als ADS oder ADHS bezeichnet wird, wurde zwar schon 1902 von einem Arzt namens G.F. Still als abnormal psychical condition wissenschaftlich beschrieben.
Aber erst in den 90 Jahren wurde ADD znächst in Amerika und ADS allmächlich auch in Europa breiter bekannt.
Zuvor wurde es meist als MCD - minimal cerebral dysfunction oder POS - psychoorganisches Syndrom diagnostiziert.
Man stellte sich vor, dass noch nicht erfassbare neurologische organische Schäden Ursache für die psychischen Auffälligkeiten seien.
Seit 1937 gibt es Beschreibungen von Amphetaminbehandlungen im Kindesalter
1978 hat die WHO als Diagnose das Wort „hyperkinetisches Syndrom“ aufgeführt“
1980 wird im nordamerikanischen Diagnosesystem ADD auch für Erwachsene eingeführt, und erst etwa ab 1992 wird durch den Diagnoseschlüssel ICD-10 die Diagnose ADHS offiziell auch für
Erwachsene ausgesprochen.
2003 ist ADHS Weiterbildungsschwerpunkt beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
Häufigkeit von ADS :
( ca 5% der Kinder und 2 % der Erwachsenen)und Geschlechtsverteilung ( 4: 1)
Die Diagnose ADS und die Verschreibung von Ritalin hat sich in 10 Jahren vervierzigfacht
In Amerika erhalten fast 10 % der Kinder und Jungendlichen Methylphenidat und andere Stimulantien
Beschreibende Erklärungen von ADS:
Das „10 -Telefone- gleichzeitig -bedienen- Syndrom“
Das „An-vier- Computern- auf-einmal-arbeiten“ Syndrom“
Das Syndrom des ausgefallenen Dirigenten ( in Thalamus, Mandelkern, limbischem System und Präfrontallappen ist die sogenannte Dirigentenfunktion des Gehirns repräsentiert- dort ist bei
ADSlern eine abweichende Hirnstoffwechselaktivität zu beobachten)
Die drei Grundformen von ADS
Man unterscheidet in der Diagnostik drei Formen von ADS oder ADHS:
Die beiden Grundformen: den hyperaktiven impulsiven Typ, den unaufmerkamen Typ und die Mischung aus beiden, den sogenannten Mischtyp.
1.Der hyperaktive Typ
Der hyperaktive Typ fällt auf durch seine Nervosität und Zappeligkeit, durch Impulsivität, Handeln ohne nachzudenken, Handeln ohne nachzudenken, durch Neigung zu unvernünftigen Handlungen,
riskante Spiele, häufige Unfälle, Ungehorsam, rebellisches, aufsässiges Verhalten. Er ist ist ungeduldig , voller innerer Unruhe, immer auf dem Sprung. Er unterschätzt Gefahren und lebt
nach dem Thema „No risk- no fun“
Wir finden die ersten Beschreibungen der Grundformen von ADS in einem bekannten Buch des Arztes Heinrich Hoffmann von 1845 - so bekannt, dass sie es vermutlich alle
kennen:
Im Struwelpeter ! Hoffmann beschreibt den hyperaktiven Typ so:
„Ob der Philipp heute still
Wohl bei Tische sitzen will?“
Also sprach in ernstem Ton
Der Papa zu seinem Sohn,
Und die Mutter blickte stumm
Auf dem ganzen Tisch herum.
Doch der Philipp hörte nicht,
Was zu ihm der Vater spricht.
Er gaukelt
Und schaukelt,
Er trappelt
Und zappelt
Auf dem Stuhle hin und her.
„Philipp, das mißfällt mir sehr!“
Seht, ihr lieben Kinder, seht,
Wie’s dem Philipp weiter geht!
Oben steht es auf dem Bild.
Seht! Er schaukelt gar zu wild,
Bis der Stuhl nach hinten fällt;
Da ist nichts mehr, was ihn hält;
Nach dem Tischtuch greift er, schreit.
Doch was hilft’s? Zu gleicher Zeit
Fallen Teller, Flasch’ und Brot,
Vater ist in großer Not,
Und die Mutter blicket stumm
Auf dem ganzen Tisch herum.
Nun ist Philipp ganz versteckt,
Und der Tisch ist abgedeckt.
Was der Vater essen wollt’,
Unten auf der Erde rollt;
Suppe, Brot und alle Bissen,
Alles ist herabgerissen;
Suppenschüssel ist entzwei,
Und die Eltern stehn dabei.
Beide sind gar zornig sehr,
Haben nichts zu essen mehr.
Damit ist der hyperaktive ADS-Kranke präzise beschrieben - und man merkt sich die Symptome besser als in jeder Symptomaufzählung.
2. Der unaufmerksame Typ
Der unaufmerksame Typ fällt auf durch Aufmerksamkeitsdefizite, Konzentrationsstörungen, besonders bei fehleder Stimulation und Motivation, Ablenkbarkeit, Verträumtheit, geringes
Durchhaltevermögen z. B. bei Hausaufgaben.
2. Hören wir Hoffmanss Beschreibung vom unaufmerksamen Typ:
Die Geschichte vom Hanns Guck-in-die-Luft.
Wenn der Hanns zur Schule ging,
Stets sein Blick am Himmel hing.
Nach den Dächern, Wolken, Schwalben
Schaut er aufwärts, allenthalben:
Vor die eignen Füße dicht,
Ja, da sah der Bursche nicht,
Also daß ein jeder ruft:
„Seht den Hanns Guck-in-die-Luft!“
Kam ein Hund daher gerannt;
Hännslein blickte unverwandt
In die Luft.
Niemand ruft:
„Hanns! gib acht, der Hund ist nah!“
Was geschah?
Pauz! Perdauz! — da liegen zwei!
Hund und Hännschen nebenbei.
Einst ging er an Ufers Rand
Mit der Mappe in der Hand.
Nach dem blauen Himmel hoch
Sah er, wo die Schwalbe flog,
Also daß er kerzengrad
Immer mehr zum Flusse trat.
Und die Fischlein in der Reih’
Sind erstaunt sehr, alle drei.
Noch ein Schritt! und plumps! der Hanns
Stürzt hinab kopfüber ganz! —
Die drei Fischlein, sehr erschreckt,
Haben sich sogleich versteckt.
Doch zum Glück da kommen zwei
Männer aus der Näh’ herbei,
Und sie haben ihn mit Stangen
Aus dem Wasser aufgefangen.
Seht! Nun steht er triefend naß!
Ei! das ist ein schlechter Spaß!
Wasser läuft dem armen Wicht
Aus den Haaren ins Gesicht,
Aus den Kleidern, von den Armen;
Und es friert ihn zum Erbarmen.
Doch die Fischlein alle drei,
Schwimmen hurtig gleich herbei;
Strecken ’s Köpflein aus der Flut,
Lachen, daß man’s hören tut,
Lachen fort noch lange Zeit;
Und die Mappe schwimmt schon weit.
Der unaufmerksame Typ mag unter Umständen sehr unauffällig sein. Die Lehrer bemerken vielleicht, dass er wenig verträumt ist oder manchmal etwas geistesabwesend erscheint, aber gerade wenn er
intelligent ist und vielleicht durch gute soziale Verhältnisse viel Unterstützung erfährt, mag er sein Syndrom so gut kompensieren, das er weder als Kind noch als Erwachsener jemals als ADS
diagnostiziert wird - dennoch leidet er unter Umständen enorm sein Leben lang darunter, dass er nicht so funktionieren kann wie die anderen.
3.Der Mischtyp
Und es gibt, wie es sich denken läßt, auch den Mischtyp, in dem beide Formen gemeinsam vorhanden sind. Vgl. Max und Moritz oder Pipi Langstrumpf.
Bei allen Typen finden wir auch oft
*Wutanfälle, evtl. häufig Streit mit anderen ( manchmal sind die Aggressionen aber auch unterdrückt ), Gefühlsausbrüche, starke Stimmungsschwankungen
*Ängstlichkeit und Sorge, Geringes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle
*Wechselhafte Schulleistungen, abhängig von motivierenden Einflüssen, Autoritätsprobleme ( gute Lehrer eins, schlechte Lehrer 6), bleiben hinter ihren Möglichkeiten in der Schule weit zurück,
besonders oft Probleme mit Mathematik und oder Rechtschreibung.
*Vergesslichkeit - sie verlegen und verlieren dauernd Dinge, z. B. Schlüssel
*Sie wirken oft zerstreut und chaotisch, desorganisiert
*Sie brechen Beziehungen ab
*Das Arbeitsverhalten ist auffällig: Sie haben Probleme mit Routine und Disziplin. Sie schieben alles auf die lange Bank. Sie arbeiten nur unter Termindruck. Sie arbeiten hastig oder schleppend
langsam.. Sie können ihre Zeit nicht einteilen. Sie schließen viele Aufgaben nicht ab. Sie brauchen häufig eine feste Struktur von außen - dann können sie plötzlich unerwartet hohe Leistungen
erbringen.
Die Diagnose ADS
In jüngster Zeit hat das medizinische Wissen und die Literatur darüber explosionsartig zugenommen, die Krankheihtsdiagnose wird von Kinderärzten und Psychiatern wird häufiger
gestellt.
Hilft die Diagnose schadet sie?
Ich selbst hielt die Diagnose ADS früher für ein eher hinderliches Etiket mit wenig therapeutischem Nutzen. Aber ich sehe das heute anders:
Ich halte es heute insbesondere bei Erwachsenen für die Betroffenen oft sehr sehr hilfreich, wenn die Diagnose gestellt wird, denn sie kann viel dazu beitragen, ja sogar
notwenig sein, damit das Leiden des Betroffenen verstanden und verändert werden kann.
Edward Hallowell berichtet in seinem Buch „Zwanghaft zerstreut“, wie die Diagnosee auf ihn gewirkt hat: ( S. 9 und 10)
Der Heilungsprozess bei ADS oft: Erkennnen der Diagnose- intensive Auseindandersetzung damit- Sich Akzeptieren-Das Leben entspechend der Behinderung umgestalten.
Allerdings muß man sich darüber im Klaren sein, dass bei 1000 Kindern, bei denen man die Diagnose ADS stellt, 1000 verschiedene Situationen vorliegen, wenn man genau hinschaut, und dass jeder
ADS- Patient eine individuelles Verständnis und eine individuelle Behandlung braucht.
Die Diagnose wird meistens bei Kindern gestellt, aber da 50-75% der Kinder die Symptomatik im Erwachsenenalter nicht verlieren, gewinnt die Diagnose auch bei Erwachsenen immer mehr Bedeutung.
Häufig leiden auch Erwachsene daran, ohne dass sie etwas davon wissen - stattdessen lautet ihre Diagnose beim Arzt Depression, Suchterkrankung, Erschöpfungszustand,
Burn-out-Syndrom , Angstsyndrom und ähnliches.
Wie diagnostiziert man ADS?
Die Diagnose wird klinisch gestellt, also nach einer gründlichen Anamnese. Die Psychiater haben dafür Diagnosekriterien, die allerdings auf sehr viele Menschen zutreffen.
Es existieren keine Bluttests oder testpsychologische Untersuchungen oder Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren, die ADS beweisen. Checklisten und Fragebögen sind nur begrenzt
aussagekräftig
Wichtig ist für die Diagnosestellung, dass schon in der Kindheit ADS-Symptome bestanden haben müssen.
Ist ADS eine unheilbare Krankheit?
Liest ein ADS-Kranker im Internet die Prognose bei ADS nach, so findet er meist die Angaben, das man zwar durch Therapie Besserungen erreichen könne, aber dass ADS an sich unheilbar sei. Das kann
ein ziemlicher Schock sein.
Neuere Autoren sehen das manchmal anders. Tatsache ist, dass viele, die an ADS gelitten haben, sich durch entsprechende Therapien so verändern können, dass sie sich wieder als gesunden Menschen
fühlen, auch wenn sie anders bleiben als andere.
Sonnenseiten von ADS
Auch wenn ADS heute allgemein in der Medizin als Krankheit anerkannt ist, man muß es nicht nur als Krankheit betrachten:
Ich sehe ADS als eine konstitutionelle Eigenschaft oder auch genetische Disposition.
Wenn sie nicht verstanden wird, wenn man versucht, den ADSler zu einem einem Menschen der Norm zurechtzubiegen, kann ADS zu starkem Leid, zu massiven Behinderungen bis hin zu schwersten
Erkrankungen, ja zum Selbstmord führen. ADS ist für mich eine geistige Behinderung - und gleichzeitig eine Chance für ein intensives geistiges Wachstum..
Ich bin davon überzeugt: Alles hat zwei Seiten, das Leben ist immer polar. Unsere Schwächen sind auch unsere Stärken.
Vielleicht braucht unsere Gesellschaft sogar dringend Menschen mit der ADS-Veranlagung, um sich verändern zu können.
„Bin ich froh, dass ich ADS habe !“
„Aus meiner Sicht habe ich durch ADS besondere Fähigkeiten und Stärken und durch diese ist das Leben voller Abwechslung, Dramatik, Kreativität und Einfühlsamkeit- alles wegen meines ADS. Ihm
verdanke ich jede Menge Erlebnisse, viel Lektionen, die ich gelernt habe, und manche Bereicherung meines Lebens.“
So beginnt die amerikanische Psychotherapeutin Lynn Weiss ihr Buch ADS und Job.
Und damit eröffnet sie die Perspektive, dass man ADS nicht immer nur als Katastrophe und als Krankheit ansehen muß. ADS kann die Schattenseite von etwas Urgesundem und Schönem sein.
Dazu ein Zeitungsausschnitt aus der Medical Tribune vom 17. Februar 2006:
"Wunderkinder abgeschafft :Heute hätte Mozart ADS
Heute wird vielerorts der 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart gefeiert. Im Radio hörte ich, er wäre heute ein sogenannter Superstar. Das glaube ich weniger. Mozart wäre heute ein
Problemkind – hyperaktiv und mit ADS behaftet – bekäme er bestimmt Ritalin täg-
lich, würde keine Note schreiben, ginge zum Kinderpsychologen und zur Ergotherapie. Heute würden wir ihm das Geniale schon austreiben. Die Medizin ist einfach 250 Jahre weiter.
Dr. Michael Sukopp
Facharzt für Allgemeinmedizin Laupheim "
Zur Erklärung: Mozart soll ein Chaot gewesen sein, konnte sich offenbar auf nichts konzentrieren, hatte ständig Liebesabenteuer, benahm sich oft unmöglich, hatte viele Schulden und
wanderte unstet von einer Schwierigkeit in die andere.
Aber eines konnte er: Er konnte sich ganz und gar seiner Musik hingeben. ADS-Experten sehen seine Biografie als Musterbeispiel einer ADS-Kariere.
Bekannte Persönlichkeiten mit deutlichen Merkmalen von ADS oder ADHS
Wolfgang Amadeus Mozart- (1756 – 1791) Komponist
Ludwig van Beethoven( 1770- 1827) Komponist
Thomas Alva Edison(1847 – 1931) US-amerikanischer Erfinder und Unternehmer
Albert Einstein (1879- 1955),
Thomas Mann(1875- - 1955) deutscher Schriftsteller
Winston Churchill (1874 – 1965) Politiker
Leonardo Da Vinci(1452-1519) Maler,und Bildhauer
Pablo Picasso ( 1881-1973) spanischer Maler, Grafiker und Bildhauer
Lincoln, Pestalozzi, Hemingway, Kennedy, Clinton
Mahatma Ghandi
Walt Disney
Hermann Hesse
John F. Kennedy
Hans Christian Andersen
Jules Verne
Gebrüder Wright
Napoléon Bonaparte
John Lennon
Bill Gates
Dustin Hoffman
Jennifer Lopez
Robin Williams
Tom Cruise
Dichterische Figuren aus vergangenen Zeiten mit Merkmalen von ADS
Pipi Langstrumpf
Max und Moritz
Hans Guck in die Luft/ Zappelphillip
Besondere Qualitäten, die Menschen mit ADS oft entwickeln:
Die Hyperfocusierung
Große Energie
Neugier
Rasche Auffassungsgabe
Risikobereitschaft
Forscher und Erfinder
Sensibilität und Mitgefühl
Kreativität und Fantasie
Flexibilität
Fähigkeit, andere zu strukturieren
Die Fähgikeit, präsent zu sein
ADS und moderne Physik
Die neue Physik weiß heute davon, dass die Realität gar nicht so fix ist, wie wir uns das gemeinhin vorstellen, sondern dass sie in jedem Augenblick im Bewußtsein dessen, der sie erlebt, neu
gestaltet wird. Der Beobachter gestaltet das Beobachtete mit, das Objekt ist niemals unabhängig vom Subjekt. Und wie der Einzelne die Wirklichkeit, die er erlebt, beobachtet und somit
mitgestaltet, hängt von seinen Glaubensvorstellungen und Überzeugungen ab.
Nun kann der ADS-ler sich die Welt aber gar nicht in der üblichen Weise vorstellen, er kann die übliche Überzeugungen nicht wie andere übernehmen, weil er sich gar nicht merken kann, wie die Welt
normalerweise sein sollte.
Er hat ja massive Lernblockaden und kann vieles, was man ihm beibringen will, einfach nicht lernen, weil es nicht in sein Gehirn reingeht. Dadurch ist er aber offener als seiene
Mitmenschen für andere Möglichkeiten- und findet und erfindet oft überraschend dort neue Wege und Lösungen, die niemand vorher entdeckt hat.
Einstein war bekanntlich eine völlige Niete im Mathematikunterricht- er konnte sich das übliche Denken in der Schule einfach nicht aneignen. Gerade deswegen hat er später die
Relativitätstheorie entdeckt. Auch Einstein wird von ADS-Experten als ein Mensch mit typischer ADS-Symptomatik angesehen.
Ursachen von ADS - verschiedene Betrachtungsweisen
ADS als genetische Störung
Die Ursachen für das ADS sind nicht elterliches oder mütterliches erzieherisches Unvermögen, sondern sind in einer ererbten Störung zu suchen.
ADS als anatomische Normvariante
ADS als anatomische Normvariante: Es gibt ADS-lern häufig Auffälligkeiten in den Basalganglien, im im frontoorbitalen Cortex und im präfrontalen Cortex.
Im prämotorischen und obern präfrontalen Kortex gibt es einen vermidnerten Glucose-Umsatz.
Die Hirnhälften sind ungenügend koordiniert.
Der rechte Lobus frontalis ist verkleinert, besonders der Nucleus caudatus, der Lobus frontalis ist minderdurchblutet.
Die okzipitale Hirnregin ist übermäßig mit Blut versorgt.
Kurz: Der durchschnittliche Mensch mit ADS hat eine andere Gehirnstruktur als der durchschnittliche Mensch ohne ADS.
ADS als hirnorganische Störung nach pränatem oder perinatalem Sauerstoffmangel
Früher wurde ADS als MBD oder POS bezeichnet - man dachte z. B. an subtile Geburtsschädigungen des Gehirns, die zu Teilaufällen, die wiederum kompensatorisch zu besonderen
Hochleistungen anderer Gehirnareale führen konnten
ADS als neuobiologische Störung im Transmitterstoffwechsel
ADS wir heute als neurobiologisch bedingte Stoffwechselstörung des Gehirns bzw. als Neurotransmitterstörung mit stark ausgeprägter genetischer Komponente aufgefasst. Früher wurde vor
allem von einem Dopaminmangelsyndrom und einem Noradrenalinmangel ausgegangen. Ampthetamin und Methylphenidat stimulieren ja den Adrenalin- und Dopaminstoffwechsel
Heute spielt die Theorie der erhöhten Aktivität der Monoaminooxidase eine noch größere Rolle. Methylphenidat hemmt sie, ebenso viele Antidepressiva.
ADS als Ausfall der Dirigentenfunktion im Gehirn
In Thalamus, Mandelkern, limbischem System und Präfrontallappen ist die sogenannte Dirigentenfunktion des Gehirns repräsentiert- dort ist bei ADSlern eine abweichende
Hirnstoffwechselaktivität zu beobachten
ADS als Besonderheit des Musters der Gehirnwellen
Menschen mit ADHS produzieren zu wenige Beta-Wellen und zu viele Theta-Wellen.
ADS als Pol auf der Spektrum-leiste Bauernhirn/Jägerhirn
Aus einer sehr eindrücklichen und positiven Sichtweise schildert Thom Hartmann in seinem Buch „Eine andere Art die Welt zu sehen“ das Erscheinungsbild von ADS /ADHS als genetische
Disposition, die eher zu den Fähigkeiten des Jägers als zu denen des Bauern passt. Siehe dazu die Website des Freiburger Psychologen und ADS-Experten Steffen Hieber:
www.psychotherapiepraxis-freiburg.de
Die Therapie von ADS mit Stimulantien oder Antidepressiva
Wir kommen hier auf die für Betroffenen oft brennend wichtige Frage: Ritalin ja oder Nein?
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Ritalin und sehe, dass es bei vielen Patienten offensichtlich eine starke Wirkung hat, und dass es von Eltern, Kindern bzw. auch von erwachsenen
Patienten oft hilfreich erlebt wird.
Aber ich denke oft an das 9 jährige Kind der Mutter, die zusätzlich zur Ritalin-Therapie des Kinderarztes auch zu mir in Behandlung kam.. Als wir über Ritalin sprachen, flehte das
Kind die Mutter an: Ich will kein Ritalin mehr, ich kann dann nicht mehr spielen.
Ein Junge berichete mir, dass seine Freunde ihm nach Ritalin-Gabe gesagt hätten, er habe sich sehr verändet, seine Lebensfreude sei verloschen. Er setzte es danach ab, fühlte sich subjektiv
wieder wohler und nimmt es seitdem nur noch in besonderen Situationen wie Prüfungen.
Ich denke, die Frage Ritalin oder nicht muß auf jeden Fall sehr individuell entschieden werden. Tatsache ist aber, dass viele ADS- Patienten mit Homöopathie als Medikament sehr gut
zurechtkommen.
Und es gibt wissenschaftliche Studien, die die Effizienz von Homöopathie bei ADS bestätigen.
Therapiemöglichkeiten bei ADS
1.Die Mulitimodale Therapie : Es ist wichtig, die Therapie gleichzeitig auf verschieden Ebenen anzusetzen ein Zusammenspiel verschiedener Hilfen zu erzielen
2. Förderung der emotionalen Intelligenz ( Heiner Frei S. 14)
3. Strukuren und Regeln sind wichtig
Strukturen, Terminplaner, Tafeln, Computer
4...Vgl. das Buch von Hallowell „Zwanghaft verstreut“: Die Diagnose ADS erst Entdecken- dann Verstehen- dann Erleichtertsein- und allmählich das Leben entsprechend verändern
5. Professionelle Hilfe und Ratgeber, Coaching
Wirksam ist professionelle Psychotherapie ( evt. in Gruppen) und Medikamente in Kombination
6.Klassische Homöopathie
Erfolge sind wissenschaftlich belegt, siehe z. B. die Forschungen des Schweizer Arztes Heiner Frei (www.heiner-frei.ch)
7.Bei Erwachsenen: Trainingsprogramm nach Bernd Hesslinger (Buch „Psychotherapie der ADHS“ im Érwachsenalter)
8.Stimulantien und Antidepressiva ( bei Ewachsenen : Off-label-Use)
9.Nährstofftherapie nach Prof Dr. Michael Hamm.: „Buch ADHS bei Erwachsenen“
Z. B. Omefa Plus 2 mal 4Kapseln. ( Fettsäuren + spezielle Minealien)
10.Das Nährstoffpräparat“ Kryptosan forte“ von Heck-Biopharma
Die Kryptopyrollurie ist eine von einem Amerikaner namens Carl Pfeiffer in den 70er-Jahren entdeckte Stoffwechselstörung, deren Symptome dem ADS in vielem ähnlich sind.
Der Stuttgarter Internist Joachim Strienz beschreibt in seinem Buch „Leben mit KPU“ die Kryptopyrollurie ausführlich:
Dabei kommt es aufgrund von Enzymdefekten zu einem Anstieg von Pyrolen im Blut, besonders vom Kryptopyrol, einem Baustein des roten Blutfarbstoffs. Dieses vermehrte Kryptopyroll wird über die
Niere ausgeschieden und bindet dabei das Vitamin B6, Zink und Mangan an sich, so dass es zu einem Mangel an diesen Stoffen kommt, die wiederum im Nervensystem eine Schüsselrolle spielen. Wenn
diese Stoffe fehlen, kann das Defizit über die Ernährung in der Regel nicht ausgeglichen werden.
Man kann die Kryptopyrollurie mit einem einfachen Test im Morgenurin messen.
Wenn ein auffälliger Befund vorliegt, kann man mit dem Präparat Kryptosan forte von der Firma Heck Biopharma eine nebenwirkungsfreie Nährstofftherapie verordnen.
11.Progesteron-Gaben im Rahmen der Therapie nach Volker Rimkus
12.Eliminationsdiät: Milch und Weizen weglassen
13. Eisengaben
14. Gingko-Biloba - Präprate
15. Bei Erwachsenen das Nährstoffpräparat „Pro Sirtusan“ der Firma Tisso
(unterstützt die Lichtquantenabsorption, verbessert den Kontakt der Mitochondrien mit dem Zellkern, das Präprarat ist einen Entwicklung aus der Cellsymbiosis-Forschung
(Vgl. Cellsymbiosistherapie® nach Dr. med. Heinrich Kremer ...
www.cellsymbiosis-netzwerk.de)
15. Die richtige Berufswahl , bzw. Veränderungen in der beruflichen Tätigkeit, die aus dem Verstehen der ADS-Veranlagung entspringen
16.Ausdauersport
17.MBSR-Achtsamkeitstraining nach Jon Kabat Zinn
Was aus meiner Sicht für einen ADS-Betroffenen besonder wichtig ist:
Eine Beziehung, die bleibt, und die Freiheit läßt
Eine Arbeit, die bleibt, in der er flexibel arbeiten kann
In der Arbeit, eine Methode, die systematisch ist und gleichzeitig flexibel
Ein Ort, an dem er sich wohlfühlt zum Wohnen- und viel Freiheit zum Reisen
Eine Methoder des inneren Wachstums und der spirituellen Praxis, die strukturiert ist und gleichzeitig Freiraum
läßt
Eine geeignete Form von Meditation oder Körperbewusstseinstraining
Bücher zu ADS
Thom Hartmann: Eine andere Art die Welt zu sehen
Hallowell unD Ratey: Zwanghaft zerstreut
Lynn Weiss: ADS im Job
Dieter Claus: ADS - das Erwachsenen- Buch
Spektrum der Homöopathie, Nr. 1, 2009, Narayana Verlag: Kindheit und Psyche
Joachim Strienz: Leben mit KPU
(Labor Sension GmbH, Augsburg www.sension-gmbh.de)
Bernd Hesslinger: Psychotherapie der ADS im Erwachsenenalter